Fräulein im Walde

Geschichten, Gedanken, Impulse

Die Leere und der Meeresgrund

Das Ritual der Morgen-Seiten

Seit einigen Wochen nehme ich mir morgens direkt nach dem Aufstehen ein großes Glas Wasser, Block und Stift zur Hand und schreibe.
30 Minuten sind es und 3 Seiten sollen es werden.
So sagt es zumindest das Lehrbuch. Meist funktioniert das auch mit den 3 Seiten und den 30 Minuten. Nur an manchen Tagen da reicht es nicht. Weder die 30 Minuten noch die 3 Seiten.
So ein Tag war auch der fünfundzwanzigste Oktober.

Willkommen Kapitän Nemo und Hallo Gepetto!

Wenn ich nicht weiß was ich morgens schreiben soll, beginne ich meist damit aufzuschreiben wie ich mich fühle. So auch an diesem Morgen.
Ich fühlte mich sehr leer und verband das direkt mit dem Gefühl von Unsicherheit, Verloren sein und Haltlosigkeit.
Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob das wirklich zutreffend ist.
Meine Erfahrung sagt mir vielleicht das diese Leere oft eine Folge oder ein Vorbote dieser Gefühle ist. Aber ist das immer so? Stimmt das?

Nur ein leeres Glas kann gefüllt werden. Was leer ist, kann gefüllt werden. Was schon voll ist wird allenfalls überlaufen. Etwas das leer ist, hat nichts was es belastet oder erdrückt.

Nun aber die Leere selbst kann sich sehr wohl erdrückend anfühlen.
Die gähnende Leere.
Wie ein zahnloses, riesiges Raubtier, ein Wal vielleicht, der einen mit unwiderstehlicher Kraft in sein dunkles Maul zieht. Einsaugt. Ein Sog. Tief und dunkel.

Willkommen Kapitän Nemo und Hallo Gepetto, Vater des Holzpüppchens mit Lügennase, Pinocchio.
Alle drei vom Walfisch verschluckt.
Gepetto und Pinocchio kamen wieder frei. Konnten der Leere, der Tiefe und der Dunkelheit entkommen. Wie? Das weiß ich nicht mehr.
Und Kapitän Nemo? Bei dem bin ich mir nicht mal sicher ob er überhaupt im Walbauch landete.

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20.000 Meilen unter dem Meer

Hinab in die Tiefe.
Zwanzigtausend Meilen unter das Meer.
Auf in die Dunkelheit. In die Stille. In die Leere.
Wo oben noch die Wellen schlagen, Stürme toben, Schiffe das Meer zerteilen, Menschen planschen und Fische ihre Kreise ziehen, die Unruhe und die Bewegung wohnt, regiert hier unten die Stille, die Dunkelheit und die Bewegungslosigkeit.
Der Druck von tausenden Tonnen Wasser lastet hier auf jeder Zelle. Man meint hier unten kann nichts existieren.
Hier müsste es wirklich leer sein. Gähnend leer.
Nur hier ist es genauso wenig leer, wie im Bauch des Wals, als Pinocchio ganz überraschend seinen Vater dort fand.

Doch der Druck und das Gewicht des Wassers sind hier unten so groß, dass man meint alles würde von dieser Kraft komprimiert und sofort zum Grund gedrückt um dort zerdrückt, regelrecht zerstört zu werden. Als würde es zum Grund selbst werden.
Unbeweglich, auf sein kleinstes begrenzt, ohne Luft zum Atmen auf dem Grund eines tiefen, lichtlosen Meeres festgehalten.
Ihm einverleibt.

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Druck und Gegendruck

Doch irgendwie verhält es sich hier am Meeresgrund ganz anders.
Man weiß hier leben Wesen. Fische und andere kleine Lebewesen. Kleine und Große. Bekannte und Unbekannte.
Und sie müssen nicht mühselig, flach auf den Boden gedrückt, am Grund entlang kriechen. Um Luft ringend nur schleppend vorankommend.
Das tonnenschwere Wasser hat sie nicht zerquetscht.
Sie schwimmen.
Pfeilschnell können sie durchs Wasser schießen, mühelos wie die Fische 20.000 Meilen weit über ihnen gleiten sie durch ihr Element.
Als wäre es nicht schwer.
Als würde es nicht drücken, dieses Wasser.
Selbst von der tiefsten Tiefe werden sie weder gelähmt noch zerstört.
Sie schwimmen und sie leben. Atmen auf ihre Weise. Eine Weise die uns umgeben von Luft und Licht unbekannt ist.
Diese gähnende Leere ist also schonmal nicht leer und lebensfeindlich, nicht per se zerstörerisch oder erdrückend.
Hier findet eine andere Art von Leben statt.

Man sagt diese Tiefseelebewesen setzen dem Wasserdruck ihren eigenen Druck entgegen, den sie in ihrem Inneren erzeugen, der dort wohnt.
Sie haben etwas in sich selbst gefunden, aufgebaut, erhalten und zu nutzen gewusst, das sie hier unten in der Tiefe leben lässt.
Einen inneren Druck der den äußeren Druck ausgleicht, sodass das Lebewesen in Harmonie und Balance mit seinen scheinbar widrigen Lebensbedingungen in Einklang leben kann.
Es hat sich angepasst.

Nur unter Druck entstehen Diamanten.

Physikalisches Prinzip
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Die innere Zeit

Es gibt noch andere Dinge, die an diesen Lebewesen anders und faszinierend sind.
Sie haben meist keine Augen. Oder zumindest nicht solche wie wir sie kennen.
Und wir selbst stellten ja auch schon fest, das diese gähnende Leere nicht nur scheinbar erdrückend sondern auch dunkel ist.
Hier am Grund des Meeres scheint keine Sonne, verirrt sich kein Lichtstrahl. Hier gibt es weder Tag noch Nacht.
Wie im Bauch des Walfischs ist es dunkel.
Dunkel und zeitlos.
Tage, Nächte, Monate, Jahreszeiten scheint es nicht zu geben.
Absolute Zeitlosigkeit in dieser gähnenden Leere.
Kein Licht, keine Sonne als Taktgeber. Kaum vorstellbar.

Doch auch hier muss es eine Art von Zeit geben und die gibt es auch. Das Leben hier unten muss ruhen, fressen und für Nachwuchs sorgen. Und das tut es auch.
Nur lässt es sich dafür von Außen keine Zeit vorgeben. Kein Licht kann es hier leiten und einen Anhaltspunkt bieten.
Das Leben hier unten vertraut auf sich selbst, seine inneren Instinkte, seine innere Uhr.
Wie ein innere Kompass leitet es das Leben durch die gähnende Leere hier am Grund des Meeres.
Die Zeit ist im Innen, in ihm drin.
Es orientiert sich an sich selbst, agiert aus sich selbst.

Augenlicht

Die Augen dieser Lebewesen sind außen nicht sichtbar, denn hier scheint kein Licht. Die Augen sind nach Innen gerichtet, schauen auf den inneren Kompass, das eigene innere Licht.

Man könnte jetzt denken, dass das Leben hier unten am Meeresgrund einsam und in sich gekehrt ist. Abgeschlossen ist und im Außen nichts wahrnehmen kann.
Doch das kann nicht sein.

Denn das Leben dort ernährt und vermehrt sich.
Wenn es nichts sehen kann, verlässt es sich wohl noch auf andere Sinne.
Ich weiß nicht ob es am Meeresgrund, in der gähnenden Leere etwas zu hören, zu riechen oder zu schmecken gibt. Das scheint schwer vorstellbar.
Also wird das Leben hier fühlen müssen um an seiner Umwelt teilzuhaben.
Jede kleinste Vibration und Schwingung wird aufgenommen und setzt sich zu immer neuen Bildern und Welten zusammen. Das Leben hier lauscht auf sein Gefühl, nimmt es wahr in seiner Ganzheit um so seine Außenwelt wahrzunehmen und mit ihr zu agieren.
Hier im Dunkeln zählt kein Augenlicht, die äußere Erscheinungsform erlischt.
Übrig bleibt was fühlbar ist, was schwingt, vibriert, Energie sendet und empfängt.

Der innere Kompass, die innere Uhr, das innere Licht und die Fähigkeit zu fühlen, wahrzunehmen, zu ,,lauschen“ dominieren hier das Leben und machen es so erst möglich.
Hier am Grund des Meeres, in der gähnenden lichtlosen Leere.

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Unsichtbar

Wo kein Licht ist, ist auch keine Farbe. Das Licht transportiert die Farbe und malt unsere Welt über der Wasseroberfläche bunt.
Hier unten ist kein Licht und auch kein Auge, das diese Farbe sehen könnte.
Durch die Abwesenheit von Licht und Farbe ist auch das Leben hier unten am Grund des Meeres meist farblos. Nicht nur farblos, sondern oft transparent, durchscheinend.
Man könnte meinen es löse sich auf. Ginge verloren, verliere sich in der großen gähnenden Leere.

Doch das tut es nicht.
Es fühlt sich noch.
Der hohe Druck des Wasser erinnert es an seine stabile Form.
Durch die scheinbare Abwesenheit des Außen wurde das Innen stärker und stärker um sich nicht in der gähnenden Leere zu verlieren. Es richtete seine Augen nach Innen, vertraute auf sich selbst, den inneren Kompass, die innere Uhr, das innere Licht, das Fühlen, die Schwingungen, die Vibration und Energie.
In Abwesenheit des Lichts wurde es zwar durchscheinender, aber es wurde auch stabiler, fand seine Form, seine ureigene Form.
Erkannte sich selbst.

Kommst du mit in die Leere? Lässt du dich zum Grund sinken?

Auch wenn die Leere sich zunächst nach Dunkelheit, Unsicherheit, Haltlosigkeit, Verloren Sein anfühlt, so gibt sie uns doch ein Geschenk.
Wir dürfen erkennen, dass diese Leere niemals leer ist.
Vielleicht zeigt sich uns hier zunächst kein Licht und unsere Augen finden keinen Halt.
Wir können nun in Panik geraten und im ersten Gefühl des Verloren Seins ertrinken.
Oder aber wir lauschen. Lauschen auf die Dunkelheit, die scheinbar gähnende Leere. Lassen uns ganz auf den Grund sinken.
Richten unsere Augen nach Innen und finden dort unser inneres Licht, unseren Kompass und innere Uhr.
Hier können wir all das in Ruhe, im Schutze der gähnenden Leere und Dunkelheit erforschen und erfahren. Austesten und erweitern.
Unsere Augen scheinen hier nutzlos. Bieten keinerlei Orientierung.
Wir müssen fühlen und wahrnehmen. Still werden und lauschen.
Hier unten in der Dunkelheit, in der Leere, am Grund unseres eigenen Meeres können wir uns erfahren, finden und wahrhaft erkennen.

Nimm all deinen Mut und tauche hinab, folge den Walen und Quallen, lass dich sinken in deine Leere und Dunkelheit um dich selbst zu erkennen.

Verweile und komme dann zurück angefüllt mit all den Diamanten, die du am Grund deines Meeres finden konntest.

In der Dunkelheit wird das Licht geboren.

Autor unbekannt
Bild von Engin Akyurt auf Pixabay

Krafttier Wal

Rückverbindung. Verankere dich in dir.
Dein Zuhause ist in dir selbst. Finde es.
In dir findest du alles was du brauchst um Heilung, Weisheit, Kraft, Liebe und Geborgenheit zu erfahren.

,,Ziehe dich zurück in den Bauch des Wales, und lasse Wandlung geschehen. Sie braucht ihre vorbestimmte Zeit. In der Stille wirst du merken, wie das Feld dich trägt und alles zur rechten Zeit am rechten Ort geschieht.“

In Anlehnung an das Krafttier Orakel von Jeanne Ruland.

Keine Ahnung, oder doch?

Wer oder was sind deine Wurzeln?
Hast du dich das schonmal gefragt?
Kannst du vielleicht erahnen, wer oder was deine Wurzeln sind?
Hattest du bis jetzt eine Ahnung wer du bist?
Gehe in den Wald.
Nimm dir Zeit nur für dich.
Wähle dir einen Baum aus und setze dich zu seinen Wurzeln.
Schließe die Augen.
Atme drei mal tief ein und aus.
Und dann begib dich auf eine Reise zu dir selbst – in Verbundenheit durch die Wurzeln des Baumes.
Hör zu, hör genau zu.
Fühle und nehme wahr, was in dir passiert.
Vielleicht kommen Emotionen hoch.
Gefühle, die wohlig sind, vielleicht aber auch nicht so schöne.
Nimm sie an. Betrachte sie.
Vielleicht bekommst du innere Bilder, Farben.
Nimm dir Zeit für diese Reise zu dir selbst.
Lausche auf den Baum. Darauf was er zu erzählen hat.

Corinna Kleiber, Wurzelpfade, 17.03.21
Riesiger Ahorn im Brühlpark, Quedlinburg
Foto von A. Diegmann

Ahnen mit allen Sinnen

Das Verb ,,ahnen“ besitzt mehrere Synonyme, die es in Verbindung mit unseren menschlichen Sinnen zur Wahrnehmung unserer Umwelt bringen.
Die fünf Hauptsinne des Menschen sind:
Sehen, Hören, Tasten, Schmecken und Riechen

,,Ahnen“ lässt sich austauschen durch ,,etwas fühlen, spüren, etwas (kommen) sehen, etwas riechen, wittern“.

Allerdings wird die Ahnung immer als etwas Unbestimmtes, Undeutliches beschrieben.
Etwas das ich also direkt vor meinen Augen sehen kann, das ich unverwechselbar riechen kann, das ich erfühlen oder ertasten kann, also mit meinen fünf Sinnen erfassen kann, kann keine Ahnung in dem Sinne sein.

Und doch bedient sich das ,,Ahnen“ dieser Synonyme.

Das Ahnen und die Zeit

Oft beschreibt eine Ahnung ein Gefühl für etwas Zukünftiges.
,,Ich ahne das es nicht gut ausgeht.“
Wir blicken in dem Fall also mit unseren Sinnen in die Zukunft und können durch sie eine Ahnung von dem erhaschen was noch kommen wird.

Es kann aber auch auf die Vergangenheit bezogen werden.
,,Du ahnst ja nicht was passiert ist.“

Aber auch in der Gegenwart ist die Ahnung präsent.
,,Ich habe keine Ahnung wo dein Schlüssel liegt.“

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Die Ahnung scheint etwas Verbindendes zu haben.

Ahnung und Vergangenheit

Die Verbindung zur Vergangenheit ist wortwörtlich unbestreitbar.
Die Ahnung und das Ahnen bedienen sich der gleichen Buchstaben wie unsere Vorfahren.
Unsere Ahnen.

Plötzlich bekommt die Wortkombination ,,keine Ahnung haben“ eine ganz andere Bedeutung.
Keine Ahnung im Sinne von keine Ahnen zu haben macht keinen Sinn.
Denn wir alle sind ja nicht zusammenhangslos mit einem lauten Knall auf der Erde erschienen.
Wir alle haben unsere Ahnen. Jene, die vor uns lebten.

Was kann es in diesem Zusammenhang also bedeuten keine Ahnung zu haben?

Da das physisch absolut nicht möglich ist, muss man es aus einer anderen Sicht betrachten.
Es könnte bedeuten, das man keinen Bezug mehr zu seinen Ahnen hat.
Das man von ihnen angetrennt ist.
Unsere Ahnen werden oft als unsere Wurzeln bezeichnet.
Haben wir nun keine Ahnung, dann sind wir entwurzelt.
Wir sind dann nicht komplett. Etwas fehlt uns.

Nationalpark Harz, Silberwald
Foto von A. Diegmann


Es fehlt uns etwas auf das wir zurückgreifen können.
Im Physischen wären das in diesem Falle gegebenenfalls die Großeltern, die mal eben schnell auf die Kinder aufpassen können.
Bei anderer Betrachtungsweise könnte man sagen es fehlt uns die Verbindung zu unserer Vergangenheit und der Vergangenheit, die über unsere hinaus geht.

Wie ist das zu verstehen?

Man könnte sagen, das alle vergangenen Momente unseres Lebens die Ahnen des gegenwärtigen Moments sind.
Hätten wir keine Ahnung über unsere schon verlebten Momente, wären wir wahrscheinlich sehr verwirrt darüber wer wir sind, wo wir sind, was das hier eigentlich soll und noch viel interessanter es hätte sehr wahrscheinlich sogar Auswirkungen auf unsere Zukunft.
Wenn wir nicht wüssten wo wir her kommen, wo wir sind, wie sollen wir dann wissen wo wir hin wollen.

Man braucht nur an Demenz Erkrankte oder Unfallopfer mit Amnesie zu denken.
Keine Ahnung, keine Verbindung zur Vergangenheit, zu haben hat dann große Auswirkungen.

Verbindungen

Wenn ich über die Ahnung oder eben ihre Abwesenheit nachdenke, drängt sich mir immer wieder die Ulme ins Bewusstsein.

Warum die Ulme?

Ich selbst habe noch nie iene Ulme in der Natur gesehen.
Eine Bekannte erzählte mir von den Ulmen und ihrer Theorie, das ihr Sterben, das durch einen Pilz, der sie von ihren Wurzeln trennt, auf die Trennung von unseren eigenen Wurzeln und deren Folgen aufmerksam machen will.
Das blieb mir in Erinnerung.

Die Ulme ist ein bis zu 40m hochwachsender, mehrere hundert Jahre alt werdender Laubbaum.

Man nennt die Ulme auch den Baum der Intuition.
In der griechischen Antike war sie dem Götterboten Hermes zugeordnet.
Sie stand aber auch für den Schlaf, den Tod und die Trauer.
Man sagte ihre geflügelten Früchte begleiteten die Toten in die Ahnenwelt, an ihren Ästen würden die Träume der Verstorbenen hängen und sie sei ein Übermittler von Botschaften aus der Welt der Toten in die Welt der Lebenden.
Nach diesem kurzen Ausflug in die griechische Mythologie wundert es mich nicht das gerade die Ulme hier Erwähnung finden wollte.

Auch die keltischen Völker stellen eine Verbindung zwischen der Ulme und der Ahnenwelt her.
Laut der Edda enstand die erste Frau, also unser aller Urahnin, aus einer Ulme.
Sie sei ein Baum des Volkes, in starker Verbundenheit zu Familie und Ahnen.
Man sah sie als sehr geselligen, familiären Baum, der trauere sobald ein Baum seiner Familie gefällte würde.
So finden wir auch hier ienen direkten Zusammenhang zwischen der Welt der Toten und der Lebenden.
Denn der asymmetrische Blattansatz der Ulme war für die Kelten ein Symbol eben dieser beiden Welten.

Und dann habe ich sie doch noch gefunden. Eine Bergulme.


Selbst in der naturheilkundlichen Medizin findet die Ulme Erwähnung.
Ihre Blütenessenz soll eine Verbindung zum Kolletiv herstellen, sodass man bei Schwäche durch ihre Kraft gestärkt wird.

Das wiederkehrende Element der Ulme ist also die Verbindung.
Die Verbindung zwischen der Welt der Toten und Lebendigen, der Verbindung zwischen usn und unseren Ahnen, zwischen uns und unserer Familie, zwischen uns und dem Kollektiv.
Für die Verbindung zwischen dir und mir.
Die Verbindung deines Stamms und deiner Blätterpracht mit deinen Wurzeln.

Ich bin fasziniert und dankbar über den Beitrag der Ulme.

Tanz durch die Zeit

Und dann gibt es da noch den Ulmentanz.
Einen Tanz, der mittlerweile auf der ganzen Welt getanzt wird und so unendlich viele Menschen mit einander verbindet.
Da haben wir sie wieder die Verbindung.

Es ist ein Kreistanz bei dem man zunächst vier Schritte rückwärts in Tanzrichtung geht.
Alle Tanzenden sind über in Händen gehaltenen Tüchern verbunden.
Für mich fühlt es sich so an wie ein Schreiten in die Vergangenheit, in unsere und die Welt unserer Ahnen.
Hier wird innegehalten und stehend vier mal mit dem Becken gekreist.
Jeder ganz bei sich.
Im gegenwärtigen Moment, im Jetzt.
Dann geht es vier Schritte vorwärts. Quasi in unsere Zukunft.
In die wir nach dem letzten Tanzschritt jetzt verwurzelt mit der Ahnenwelt, unserer Vergangenheit und präsent im Jetzt-Moment zuversichtlich gehen können.
Wir bleiben wieder stehen, kreisen für uns selbst und finden unseren neuen gegenwärtigen Moment.
Als nächstes folgen vier Schritte hin zur Mitte des Kreises, aufeinander zu, die Verbindung zu jedem einzelnen Tänzer und von allen untereinander wird deutlich.
Jeder kreist für sich, geht vier Schritte zurück und der Tanz beginnt von vorn.

Aus dem eben gegenwärtigen Moment, wurde ein Ahnen-Moment auf den wir zurückgreifen können.
Ein neuer Zukunftsmoment baut sich auf um im nächsten Moment ein Hier und Jetzt zu werden und dann in die Welt der Ahnen einzutreten.

Ich weiß das dieser Tanz für so viel mehr und so viel Bedeutenderes steht.
Für mich und in diesem Zusammenhang steht dieser Aspekt gerade im Vordergrund.

Keine Ahnung

Nach dieser Reise durch die Vergangenheit, die Mythen der Griechen und Kelten, einer Baumbekanntschaft und einem wundervollen Tanz, lässt sich sagen das keine Ahnung zu haben ein ziemlich instabiler Zustand ist.

Es fehlt uns die Verbindung zu unseren Ahnen, zu unseren Wurzeln.
Und wie ein Baum ohne Wurzeln können wir beim geringsten Windhauch umfallen.
Die Wurzeln versorgen den Baum mit essentiellen Nährstoffen, die ihm schlussendlich seine Form geben.
Hier können wir es dann wieder ganz praktisch sehen:
Durch unsere Vorfahren, unsere Ahnen und deren Erbgut sehen wir heute so aus wie wir aussehen. Sie geben uns unsere Form.

Ahnung haben

Aber kehren wir zurück zur Ahnung.
Vor allem zu dem Zustand eine Ahnung zu haben.

Der Duden beschreibt die Ahnung als undeutliches Vorgefühl, als eine Vermutung, eine Vorstellung oder ein Bauchgefühl.
Und damit wagen wir den Sprung aus der Vergangenheit ins Jetzt und setzen vorsichtig einen Fuß in die Zukunft.
Denn wenn wir eine Ahnung haben geht es meist um unsere Gegenwart, etwas das gerade Jetzt passiert oder etwas das noch kommen wird.

Viele werden es kennen, das man zum Beispiel so eine Ahnung hat das sich Person XY sich heute noch meldet oder das Bauchgefühl einem sagt das etwas eine besonders gute oder schlechte Idee ist.
Man hat eine Eingebung, meist nicht direkt greifbar und oft auch nicht rational erklärbar.
Sie ist einfach da diese Ahnung und meist ist es genau richtig ihr zu folgen.

Ich würde behaupten die Ahnung ist die Schwester der Intuition.
Sehr wahrscheinlich sind sie sogar eineiige Zwillinge.
Die Ulme, als Baum der Intuition, gab uns da schon einen Wink mit dem Zaunpfahl.

Man sagt die Intuition bedient sich unserer hellen, mentalen oder auch medialen Sinne.
Dazu gehören: Hellwissen, Hellsehen, Hellhören und Hellfühlen.
Es soll auch hellschmeckende und hellriechende Menschen geben.
Springen wir zurück zum Beginn des Textes.
Synonyme des Verbs Ahnen sind ,,etwas fühlen, spüren, sehen, riechen“.
Es wird eine direkte Brücke zwischen unserer (hellen) Sinneswahrnehmung, der Ahnung und der Intuition geschlagen.

Doch woher kommt unsere Ahnung, unser intuitives Wissen?

Es gibt diesen Ausdruck ,,das Wissen unserer Ahnen“ und das wir alle dieses Wissen in uns tragen.
Möglicherweise spricht dieses Ahnen-Wissen aus uns wenn wir eine Ahnung, ein Bauchgefühl oder eine Eingebung haben.
So ein wunderschöner Gedanke das unsere Ahnen ewig mit uns verbunden sind und uns durch unsere Ahnungen ihr Wissen und ihre Erfahrungen zu Teil werden lassen.
Ein bisschen so als würden sie uns dadurch schützend durch unser Leben leiten, uns Wege aufzeigen, vor Gefahren schützen und uns auf Wunder stoßen lassen.

Haben wir also eine Ahnung dürfen wir uns immer wieder staunend und dankbar bewusst machen:
Wir sind nicht alleine hier.
Viele sind diese Wege vor uns gegangen, gehen diese im Geiste mit uns. Irgendwann, wenn wir in die Welt der Ahnen eingehen, werden wir die Wege mit denen, die nach uns kommen, gehen.
Sie leiten und schützen mit all dem Wissen, das wir gesammelt, und all den Erfahrungen, die wir gemacht haben.

Es gibt mir ein unglaubliches Gefühl von Schutz und Geborgenheit.
Es ist unfassbar wie verbindend die Ahnung, das Ahnen und die Ahnen sind.

Back to the roots

Die Ureinwohner Australiens sehen die gesamte Natur, die gesamte Welt, als den Traum unserer Ahnen an.
Die Ahnen erschufen für sie unsere Welt.
Sie sind die Schöpfer.
Man sagt die Ahnen wandelten auf einem Netzwerk unsichtbarer Energielinien über unsere, ihre Erde.
Und auch heute wandeln noch ihre Nachfahren, die Ureinwohner Australiens, auf diesen Wegen.
Sie tun dies nicht allein. Ihre Ahnen sind bei ihnen, beonachten ihren Traum und beschenken ihre Nachkommen mit all ihrem alten Wissen und Erfahrungen.

You never walk alone.

Vom Himmel und der Sonne

Eintrag aus meinem Büchlein vom 23.06.2020

Wenn man um 5 Uhr morgens aufwacht, durch die Ritzen des Rolladens das glühende Orange der aufgehenden Sonne fällt, man einfach liegen bleibt und das Farbenspiel genießt.

Ich denke über die auf- und untergehende Sonne nach.
Über das Farbenmeer, das sie uns zusammen mit dem Himmel präsentiert.

Am Morgen erwacht sie aus dem glühend roten Feuer des Erdkerns.
Auf ihrem Weg zum Himmel schenkt sie uns erst ihr strahlendes Orange, das sich auf ihrer Wanderung in ein gleißendes Gelb wandelt.

Der Himmel kommt ihr entgegen.
Aus seinem tiefen lila Ozean breitet er seine Arme in einem dunkelblauen Meer aus und küsst die Sonne mit seinem rosanem Lichtschein wach.

Bild von Susanne Stöckli auf Pixabay

Nach diesem Begrüßungsritual teilen sie sich das Firmament.

Der Himmel in seinem klaren Hellblau, das uns Raum lässt für all unsere Gedanken, Ideen und Gefühle.
Er bietet Raum für Kommunikation, Verbindung, Ausdruck.
Über alle Welten und Zeiten hinaus.
Für den Himmel gibt es keine Grenzen.
Keine Unterschiede. Kein Besser. Kein Schlechter.
Er ist da und bietet den Raum.

Und die Sonne?
Mit ihrem strahlend weißem Gelb und jedem einzelnen Sonnenstrahl begleitet sie unsere Gedanken, Gefühle, Bewegungen.
Zum Himmel hinauf und wieder zu uns zurück.
Sie schenkt Lebenskraft und Mut.
Beleuchtet uns, erleuchtet uns.
Sie macht keinen Unterschied.
Unterscheidet nicht zwischen Menschen, Ländern, Völkern, Tieren, Pflanzen, Steinen.
Sie scheint einfach.

Bild von Alex Hu auf Pixabay

Und dann am Abend vollziehen Himmel und Sonne erneut ihr Farbenspiel.
Sie trennen sich, jeder in seine Richtung.

Der Himmel verabschiedet die Sonne mit einer rosa Leinwand und zieht sich durch sein tiefblaues Meer in seinen violetten Ursprung zurück.

Die Sonne macht sich auf den Weg zurück in ihr rotes Innerstes und schenkt dem Himmel auf ihrer Reise ein glühend gelb-oranges Versprechen morgen wieder zu ihm zurück zu kehren.

Bild von dakzxz auf Pixabay

Eine Schwärze tritt auf den Plan.
Eine Phase des Schlafes, der Ruhe und Regeneration.
Der Reflektion und Träume.

Und in dieser Zeit steht wachend am Himmelszelt die Mondin begleitet von ihrem Sternenmeer.
Sie bietet uns Halt, damit wir uns nicht in der Dunkelheit verlieren und öffnet uns Tore über unsere Welt hinaus.
Am Morgen dann schickt sie uns zurück damit wir erneut das Wunder des Farbenmeers von Himmel und Sonne erleben.

Bild von Free-Photos auf Pixabay

Von Balance und innerer Mitte

Balance ist kein festes Moment. Kein starrer Zustand.
Wenn ich mein Gleichgewicht, also meine Balance, auf einem Bein stehend halte, stehe ich nie still und starr.
Es gibt ganz kleine Muskelbewegungen, so genannte Equilibriumsreaktionen, die mich in meinem Gleichgewicht halten.
Wenn ich ein gutes Gleichgewicht habe sind diese Bewegungen von außen kaum sichtbar. Aber sie sind da.
Der Körper merkt: Oh, ich beginne zu sehr nach rechts zu kippen.
Also beginnt die Gegenseite den Körper wieder sanft zurück in seinen Mittelpunkt zu ziehen.
Habe ich ein schlechtes Gleichgewicht beziehungsweise einen schlechten Gleichgewichtssinn dann geschehen diese Ausgleichsbewegungen zu schnell, zu groß oder ich merke zu spät das ich aus dem Gleichgewicht gekommen bin.
Verzögerte oder vorschnelle Reaktion.
Beides ein Kraftakt mit der Gefahr doch noch umzufallen.

Ich kann also ein gutes Gleichgewicht haben, ruhend in meiner Körpermitte sein und die Korrekturen sanft vornehmen, sobald ich kleine Abweichungen feststelle.
Oder ich kann wild mit den Armen, kurz vor dem Fall, um mein Gleichgewicht ringen.

Körperliches Gleichgewicht lässt sich trainieren.
Als Physiotherapeutin weiß ich wie. Ich weiß um die Vorgänge, die sich dabei im Körper abspielen.
Eine ewige Kommunikation, perfekte Vernetzung und blitzschnelle Reaktionen. Sofern das System gesund ist.

Ich denke mit seelischer, geistiger, emotionaler Balance steht es genauso. Nur bin ich da nicht der Profi.
Wild mit den Armen rudern bringt mich hier allenfalls zu Fall.
Es gilt glaube ich erstmal herauszufinden wo denn die eigene seelische Mitte ist.

Bei der Mobilitätsentwicklung von Säuglingen spricht man auch von ,,der eigenen Mitte“ finden. Sobald das Baby diese gefunden hat beginnt es sich zu drehen, zu robben, zu krabbeln, zu sitzen, zu laufen.
Dieses die eigene Mitte finden ist der Grundbaustein der motorischen Entwicklung. Ansonsten kommt es zum Stillstand.

Wie findet das Baby seine Mitte?

Der erste Punkt ist das es seine Endpunkte, die Stellen, die am weitesten voneinander entfernt sind über der Körpermitte zusammenführt.

Wie sieht das aus?

Die Hände beginnen sich zu finden, erkunden den Körper, das Gesicht, die Füße.
Bis dann irgendwann das Kind da liegt auf dem Rücken, in jeder Hand einen Fuß. Einen davon vielleicht sogar im Mund.
Zack! Mitte gefunden.

Etwas das die meisten Kinder von ganz alleine lernen. Niemand sagt es ihnen. Sie versuchen es einfach.
Ob sie wissen, das sie für immer mit allen Vieren ausgestreckt am Boden lägen, würden sie es nicht versuchen?

Bild von Алеся Фартушняк auf Pixabay 

Stellen wir uns also vor wir liegen seelisch gesehen alle Viere von uns gestreckt auf dem Boden.
Was sind unsere am weitesten von einander entfernten Punkte und wie bekommen wir die zu unserer Mitte geführt, damit wir den nächsten Schritt unserer Entwicklung gehen können?

Nun leben ja die meisten von uns schon etliche Jahre. Diesen ersten Schritt , die seelische Mitte zu finden haben wir alle vielleicht schon durchgemacht.
Genauso wie wir uns damals alle körperlich wie von ganz allein weiter entwickelt haben.

Allerdings stagniert die körperliche Entwicklung irgendwann.
So nach dem Motto: Mindestanforderung erreicht, Baustopp!
Wer mehr will muss trainieren.
Und irgendwann geht die Entwicklung dann wieder zurück. Bei dem Einen früher bei dem Anderen später.
Man kommt schneller aus der eigenen Mitte, verliert das Gleichgewicht, wird sturzgefährdet.
Das kann durch Alterungsprozesse, Traumata, Über- oder Unterbelastung entstehen.
Dann heißt es Gangschule und Gleichgewichtstraining um seine Balance wieder zu finden.

Ich denke mit der inneren Balance verhält es sich ähnlich.
In Kindestagen bauen mir ein Mindestmaß davon auf. Wie groß oder wie stabil diese Balance ist hängt von unserem Training ab.
Und dann kann es durch zunehmendes Alter, traumatische Erfahrungen, Über- oder Unterforderungen zu kleinen und großen Gleichgewichtsschwankungen kommen.
Dann heißt es trainieren um die eigene innere Mitte wieder zu finden.

In der Physiotherapie beginnt man bei einem großen Gleichgewichtsdefizit mit Übungen beziehungsweise Positionen, die eine größtmögliche Unterstützungsfläche bieten.
Die größte Unterstützungsfläche bietet die Rückenlage mit ausgestreckten Armen und Beinen. Aus dieser Position kann man nicht umfallen.
Von genau hier beginnen auch Säuglinge ihr Bewegungsentwicklung.

Mit steigender Bewegungskontrolle und Sicherheit verringert man die Unterstützungsfläche. Von der Rückenlage, zum Vierfüßlerstand, Kniestand, Einbein-Kniestand, Stand, Einbeinstand.
Nichts anderes macht das sich entwickelnde Kind.
Und dann irgendwann läuft es.

Bild von Esi Grünhagen auf Pixabay 


Sobald das geschieht befindet sich der Körper in einem perfekten Gleichgewicht von sich abwechselnder Stabilität und Mobilität.
Eine Seite bewegt, eine hält.
Und wie durch ein Wunder fallen wir nicht um.

Jetzt stellt sich die Frage:
In welchem Zustand erfährt die Seele maximale Unterstützungsfläche?
Wie sieht das aus?
Wie fühlt sich das an?

Denn hieraus sollte sich das perfekte Zusammenspiel, die perfekte Balance zwischen Mobilität (Veränderung) und Stabilität (eigene Persönlichkeit) entwickeln.
Dann ist einem die eigene innere Mitte bewusst und man besitzt alle Werkzeuge um sich frühzeitig und sanft wieder in Balance zu bringen. Und zwar bevor man stürzt.

Bild von Pexels auf Pixabay 
Welche Extreme oder auch am weitesten entfernten Punkte müssen wir zusammen bringen um uns unserer eigenen Mitte bewusst zu werden und uns von dort aus weiter entwickeln zu können?

Die entfernten Punkte beziehungsweise Endpunkte sind hier nicht fest definiert.
An unserem physischen Körper ist das klar.
Es sind unsere Hände mit unseren Fingern und unsere Füße mit unseren Zehen.
Gleichzeitig sind diese Endpunkte die Werkzeuge um zu handeln und uns fortzubewegen.
Bei guter Balance und starkem Rumpf ein Kinderspiel.

Wenn die innere Mitte einen Mittelpunkt zweier Extreme darstellt, stellt sie einfach den ausgewogenen Zustand eben dieser beiden Gegensätze dar.
Aus diesem bewussten Zustand über den Mittelpunkt und die zwei Extreme kann man dann reflektiert und bewusst in die eine oder andere Richtung handeln.
So als würde man den linken und dann mal den rechten Arm ausstrecken.
Mache ich alles nur einseitig, überlaste ich mich, bekomme Schmerzen und werde krank.

Was ist die innere Mitte und wie sieht sie aus?

Für mich ist die innere Mitte ein klarer Raum.
Voll von Ruhe, Bewusstheit und Ausgeglichenheit.
Als würde man unter einer Glaskuppel stehen.
Man kann alles sehen, jeden Wegweiser und die dazugehörigen Wege.
Und dann wenn wir uns aus dieser Glaskuppel herausbewegen, haben wir einen Kompass dabei, der uns immer wieder zurück zu unserer Glaskuppel, zu unserer eigenen inneren Mitte führt.

Dort können wir zur Ruhe kommen, das bunte Treiben im Außen beobachten ohne ein Teil davon zu werden und unsere nächsten Handlungen planen.
Wichtig ist es nur das wir unseren Kompass zu lesen wissen sonst ist es schwer wieder zurück zu finden.

Bild von Ghinzo auf Pixabay 
In welchem Zustand erfährt die Seele ihre maximale Unterstützungsfläche?
Wie sieht das aus?
Wie fühlt sich das an?

Die maximale Unterstützungsfläche der Seele…
Ein Zustand in dem es kaum möglich ist aus seiner inneren Mitte gebracht zu werden.
Ich denke das ist bei jedem Menschen individuell.
Es die Punkte, die es einem leichter machen zu großer Ruhe und einer Bewusstwerdung über den eigenen momentanen Zustand zu kommen.
Zum Beispiel eine ruhige, gewohnte Umgebung in der man sich sicher und geschützt fühlt.
Sie sollte möglichst frei von Ablenkung sein.
Frei von Erwartungen und Druck.
Ein Ort zum liegen und atmen.
Maximale Sicherheit, null Handlungszwang. Keine Bewertungen.
Einfach sein.
Das ist die maximale Unterstützungsfläche.

Was sind meine Werkzeuge zum Training meiner Balance und innerer Mitte?
Was brauche ich?

Auch das ist ganz individuell. Es ist sehr wertvoll sich diese Frage zustellen.
Mein Werkzeug Nummer 1 ist eine ruhiger Ort mit wenig Ablenkung, Ruhe und Zeit.
Weiteres Werkzeug sind Stift und Papier. Schreiben bringt mich Wort für Wort hin zu meinem Mittelpunkt, meiner Balance, meiner inneren Mitte.
Es stellt keine Erwartungen an mich und es geschieht mühelos, in Leichtigkeit und leiser Freude.
Sicher gibt es noch viele mehr, ich werde die Augen offen halten und freue mich schon darauf sie zu entdecken.

Bild von Pexels auf Pixabay 
Krafttier für den Weg zur inneren Mitte

Mein Plan war ein Krafttier zu dieser Thematik zu ziehen.
Bei mir persönlich ging es darum eine Balance zwischen dem Zustand maximaler Abgrenzung und der absoluten Einheit allen Seins zu finden.

Für was sollte dieses Krafttier stehen?
Wobei sollte es unterstützen?

  • Balance
  • innere Mitte
  • Abgrenzung und Verbundenheit
  • Glaskuppel und Kompass
  • Klarheit und Ruhe
  • Beobachtung
  • bewusste Handlungsplanung
  • maximale Unterstützungsfläche

Ich nutze das Krafttier-Orakel von Jeanne Ruland und es zeigte sich der Wolf.

Bild von Sandra Petersen auf Pixabay 
Der Wolf – Führungskraft

Folge dem Ruf deiner Seele. Nimm dein geistiges Erbe an. Es ist Zeit die Führung in deinem Leben zu übernehmen.

Orakelkarte Wolf, jeanne Ruland

Das Begleitheft hält noch weitere Informationen zum wilden Wolf bereit.

Jetzt ist die Zeit, deine Fähigkeiten zur Führung anzunehmen und eine größere Gruppe sicher zu führen und anzuleiten.
Bist du in der Lage, die Verantwortung in deinem Leben zu übernehmen und deinen Dienst an der Welt anzutreten?

Einerseits ist es nun wichtig, dass du die Einsamkeit suchst, dich den eigenen Schatten stellst, deiner Eingebung lauschst, dich selbst kennenlernst.

Andererseits ist es wichtig, dass du lernst dich klar und unmissverständlich auszudrücken und erfolgreich zu kommunizieren, außerdem deine Kräfte einzuschätzen, dein Leben auszubalancieren und zu schauen was du in deinem Leben willst.

Alle Ereignisse in deinem Leben haben einen Sinn, halten eine Lektion bereit und trainieren dir neue Fähigkeiten an, vorausgesetzt, du lässt dich nicht entmutigen, sondern schreitest voran auf deinem Weg.

Lerne dich und deine Grenzen kennen und bringe zum Ausdruck, was für dich stimmt.

Krafttier-Orakel, Jeanne Ruland, s.136/137

Der Wolf hilft uns unsere eigene Mitte zu finden und zu wahren indem er uns unterstützt:

  • uns unseren eigenen Schatten zu stellen
  • Verantwortung und Führung, vor allem für uns und in unserem eigenen Leben, zu übernehmen
  • eine klare, deutliche und unmissverständliche Kommunikation zu entwickeln
  • unser Leben auszubalancieren und neue Fähigkeiten zu trainieren
  • unsere eigenen Grenzen zu erkennen und unsere Kräfte einzuschätzen

Ich vertraue der Stimme in mir und drücke mich klar, deutlich und unmissverständlich aus.
Menschen, die von mir geführt werden, sind sicher und in guten Händen.

Affirmation, Tierkarten-Orakel Jeanne Ruland, S.137
Bild von NickCanon auf Pixabay 

Von Burgen und Bergen I

Station 1: Burgruine Merenberg

Wir kommen aus dem Wald und vor uns erstreckt sich eine lange gerade Straße.
Jetzt kann man sie schon sehen. Die Burgruine Merenberg.
Noch einmal links abbiegen und wir sind da. Naja fast. Die Einfahrt zum Parkplatz hatten wir irgendwie verpasst und das Navi leitet uns in ein steiles enges Gässchen. Es ist die Schloßstraße.
Ich muss sagen, der ungewollte Umweg hat sich gelohnt. Während mein Freund das Auto durch die kleinen gewundenen Straßen manövriert, kann ich die uralten (Fachwerk-)Häuser, Mauern und Gärten bewundern.
Zu Fuß ist das sicherlich auch einen Abstecher wert und für uns war es schon eine schöne Einstimmung auf die Burgruine.

Es gibt einen kostenfreien Parkplatz unterhalb der Burg.
Von dort aus geht es moderat nach oben. Auf dem Weg zur Ruine laden Bänke zum Verweilen ein. Wir sind aber ja noch fit und machen uns direkt auf den Weg nach oben.

Bald sieht man märchenhaft bewachsene Mauerreste. Unterhalb der alten Mauern, werde ich auf eine Pflanze aufmerksam, die ich so bei uns noch nicht gesehen habe.

Die Königskerze

Wie passend am Fuße einer Burgruine.
Sie fällt durch ihre Größe und ihre wollig filzigen Blätter auf.
Wenn sie von Juli bis September blüht, trägt sie goldgelbe Blüten.
Ihre Blüten haben eine anerkannte Heilwirkungen bei Atemwegserkrankungen mit Verschleimung. Ein Tee aus getrockneten Blüten kann schleimlösend und reizmildernd wirken.

Im Mittelalter tauchte man ihren Blütenstand in Öl und zündete ihn an. So wurde sie wie eine Fackel genutzt.
Sie gilt als das Zepter der Mutter Gottes. Allerdings wurde sie früher auch schon in keltischen Ritualen genutzt und findet auch heute noch im Brauchtum Verwendung.

Auf seelischer Ebene soll sie das Selbstvertrauen stärken, neue Kraft verleihen und Klarheit in undurchsichtige Situationen bringen.

Wie ein Licht am Ende des Tunnels, steht die Königskerze bereit uns aus dem Dunkel zu führen, gestärkt und voller Vertrauen zurück zu dem majestätischen Licht in uns selbst.

Wir laufen den geschotterten Weg weiter und erreichen die erste Plattform.
Rechts von uns stehen die restaurierten Mauerreste und bieten dahinter einen schönen Weitblick über Merenberg und die angrenzenden Wiesen und Wälder.
Auf unserer Linken ragt der Bergfried weit nach oben.
Es gibt eine zugegebener Maßen sehr ramponierte Sitzgruppe und auch sonst sollte man, besonders wenn man mit Hund oder Barfußschuhen unterwegs ist, auf herumliegende Scherben achten.
Dafür liegt hinter der Sitzgruppe eine schön bewachsene Mauer, auf der mich die nächste Pflanze gefangen nimmt.

Der Natternkopf

Als zuerst begegnen wir einer Königin und dann einer Schlange… Was uns das wohl sagen will?

Von Mai bis Juli ziehen diese intensiv lilanen Blüten die Blicke aufmerksamer Menschen auf sich.
In der Pflanzenheilkunde ist sie eine eher unbekannte Pflanze, die in ihrer Wirkung dem Borretsch und Beinwell ähnelt.
Sie soll bei Quetschungen und Prellungen helfen, sowie die Wundheilung unterstützen und gereizte Haut beruhigen.
Ihre Wurzeln dienten früher als rotes Färbemittel.

Ihren Namen verdankt sie ihrem Aussehen, das einer Natter mit weit geöffneten Maul und rausgestreckter Zunge ähnelt.

Und wenn wir mal ehrlich sind, hört ihr sie nicht auch zischen?

Okay, okay… Weiter gehts!
Eine große Infotafel informiert über den geschichtlichen Werdegang der Burg Merenberg und zeigt ihren ehemaligen Umriss.

Geschichtliches

Aus welchem Jahr die Burg stammt ist bis heute nicht eindeutig bekannt. Erste schriftliche Erwähnung fand sie 1594.
Man nimmt allerdings an, dass sie um das Jahr 1129 (erste Urkunde Merenbergs) von Hartrad I. erbaut wurde um das Wegenetz von Lahn, Gleiberg und dem Kloster Schiffenberg zu bewachen.

Schon 1594 scheint die Burg in keinem guten Zustand mehr gewesen zu sein und sollte daher laut einem Eintrag von 1617 abgerissen werden.
Dies geschah aber wie wir heute sehen können nicht.
Seit einem Erlass von 1816 wird die Burgruine erhalten und geschützt. Seit dem finden regelmäßige Überprüfungen sowie Wiederaufbau- und Nachbesserungsarbeiten statt.

Erhalten und zu sehen sind der 22 m hohe Bergfried, eine Ecke des ehemals dreistöckigen Palas, sowie einige Außen – und Kellerräume.

Bild: Bergfried der Burgruine Merenberg (Arne Diegmann)

Das Hinweisschild unterhalb des Turms verrät uns, das es einen Schlüssel zum Bergfried gibt, den man sich im Gemeindebüro Merenbergs abholen kann.
Zu bestimmten Zeiten wohlgemerkt. Leider haben wir die aber verpasst.

Wir gehen erstmal an dem Turm vorbei in Richtung der Ruine des ehemaligen Palas. Dahinter befindet sich ein Stück Außenmauer, an der man hochsteigen und den schönen Weitblick genießen kann.
Also dort einen Augenblick verweilen und dann wieder zurück zum Turm.
Den wollen wir uns dann doch ein bisschen genauer anschauen.
Und siehe da… Keine Tür vorhanden. Wo keine Tür ist das braucht man auch keinen Schlüssel!

Hier scheint wohl zur Zeit einiges im Argen.
Auf dem Boden finden wir einen dreckigen Hinweiszettel:
Betreten auf eigene Gefahr.
Am Grund des Turms liegt einiges an Schutt und Müll, nach oben windet sich eine steile Wendeltreppe.
Nichts für unseren Hund. Das Risiko muss man nicht eingehen.

Ich warte erstmal unten im Schatten des Turms, zusammen mit meinem Hund ausgestreckt im Gras liegend (nach einem prüfenden Blick auf eventuelle Scherben).

Luca wartet… Bild: Arne Diegmann

Nach einer Weile kommt mein Freund zurück und ich wage mich an den Aufstieg. Wenn auch recht steil bietet das Geländer einen guten und vertrauenswürdigen Halt. Allerdings liegen hier auch Scherben und Müll…
Sehr schade, einen solchen Ort so behandeln.
Kleine Scharten laden zu einem schönen Ausblick ein.

Oben angekommen erwartet mich ein toller Rundumblick und kräftiger Wind. Der Aufstieg hat sich gelohnt.
Ich möchte meine zwei Begleiter aber nicht so lange warten lassen und mache mich wieder an den Abstieg. Aber nicht ohne noch einmal im Turm nach ganz unten zu schauen. Ich liebe das Schneckenmuster von Wendeltreppen.
Todesmutig wird schnell noch ein Bild geknipst.

Es wird Zeit sich auf den Rückweg zu machen. Schließlich haben wir heute noch mehr vor.
Wir nehmen den Weg auf der anderen Seite der Burg abwärts. Ein schöner kleiner Pfad, leicht zugewachsen mit allerlei Blumen und Kräutern. Richtig schön wild.
Über diesen Pfad gelangen wir wieder auf den Hauptweg der uns langsam bergab zurück zum Parkplatz führt. Bevor wir dort ankommen macht eine Schönheit auf sich aufmerksam. Beim Hinweg hatte ich sie schon bemerkt, aber jetzt will sie genauer betrachtet werden.

Die Hunds-Rose

Den meisten ist wohl eher ihre Frucht, die sich ab dem Herbst zeigt, bekannt. Die kleine rote Hagebutte mit ihrem gefürchteten Juckpulver.

Die zart rosa Blüten fallen mir heute das erste Mal richtig auf und viele noch geschlossene Köpfchen zeigen mir, das sie wohl auch noch nicht lange blüht. Sie strahlen eine unglaubliche Sanftheit aber gleichzeitig auch Lebendigkeit aus.
Man möchte ewig stehen bleiben und sie bewundern.

Aber sie besticht nicht nur durch ihre Schönheit. In der Pflanzenheilkunde und Volksmedizin hat sie einen festen Platz. Ihre Früchte, die Hagebutten, sind wahre Vitamin-Bomben und beugen so gerade in den fiesen Wintermonaten Erkältungen vor. Zudem soll sie bei Gelenkerkrankungen Linderung schaffen.

Für die alten Germanen war die Hundsrose das Symbol für die weiterlebende Seele.
Sie steht für den ewigen Kreislauf des Lebens und Vergehens.
Ihre Früchte überstehen den Winter und bleiben bis zum Frühjahr, dem neuen Leben, am Strauch.

Sie war der (unter anderem) Liebesgöttin Freya, der Beschützerin des Lebens und der Geburt, geweiht.
Durch, die sie schützenden Dornen und ihre später Früchte tragenden Blüten symbolisiert sie die Verbindung von männlicher und weiblicher Energie.
Mit ihrer Farbe, Form und einfachen Schönheit öffnet sie das Herz.

Ich könnte stundenlang vor der Hundsrose stehen und im Anblick ihrer wunderschönen Blüten und Knospen versinken. Gerade zur Zeit blüht sie so kraftvoll.
Aber es ist Zeit weiter zugehen. Zum Glück begleitet uns diese tolle Rosen die ganze nächste Wanderung lang. Überall hat sie ein Plätzchen gefunden und blüht unermüdlich um auch ja von jedem gesehen zu werden, Herzen zu öffnen und die Welt mit Liebe zu fluten.

Imago

Einen Schmetterling in seiner Endform, nach seiner langen Metamorphose von Ei über Raupe zu Puppe, nennt man schlussendlich Imago.

Garten der Schmetterlinge

Am 29.02.2020, dem zusätzlichen Tag in diesem Schaltjahr, besuchten wir den Garten der Schmetterlinge in Sayn.
Ein wunderschöner Ort voller Schmetterlinge, bunten Vögeln, Fröschen und verschiedenen Insekten.
Nicht zu vergessen die schönen Pflanzen und toll angelegten Bachläufe.
Wir entdeckten sogar Schmetterlingsraupen und Puppen.
Als Highlight konnten wir einem Schmetterling bei entpuppen zuschauen.
Ein kleines Wunder.

Krafttier Schmetterling

Am 21.02.20 nutzte ich zum ersten Mal mein Krafttier-Orakel von Jeanne Ruland.
Ich wünschte mir ein Krafttier, das mir in den nächsten Wochen hilft fokussiert und optimistisch an meinen Fähigkeiten zu feilen.

Dabei heraus kam – oh Wunder – der Schmetterling.
Rückblickend erkenne ich, dass mich der Schmetterling schon lange, nämlich seit der Beerdigung meiner Uroma begleitet. Danke für diesen Begleiter, liebe Omi!

Ich folge dem Weg meiner Bestimmung und fühle, wie es mir von Tag zu Tag immer besser geht, wie es mir wohler und alles leichter wird.

Krafttier-orakel, jeanne Ruland, s.119
Vom Tod einer Raupe und der Geburt eines Schmetterlings

Dienstag, 10.03.2020
Eintrag aus meinem Büchlein

Ich selbst spüre eine Veränderung an und in mir. Absolut verschwommen und nicht greifbar.
Aber da ist etwas.
War ich die letzten Wochen oft traurig , verwirrt, verloren und taub, ängstlich zweifelnd, merke ich zwar jetzt immer noch so etwas wie eine Anhaftung, ein Schatten, eine alte Hülle, die noch nicht gehen mag…
Aber da ist auch eine immense Kraft, ein Feuerball, ein Drang.
Explosiv, unaufhaltsam drängt es, brodelt es.
Etwas schiebt in mir, wächst, dehnt sich aus.
Wehrt sich gegen diese alten grauen Fetzen.

Ich fühle mich, wie ein kleines Kind, das am Rande des Geschehens sitzt, die Augen vor Erwartung, Sehnsucht, Aufregung und Anspannung geweitet.
Es ist so viel Ruhe, Gelassenheit und Natürlichkeit in diesem Prozess.
Wie das Schlüpfen eines Schmetterlings.
Wenn man von Außen zuschaut ist es spannend, aufregend und man ist in Erwartung,möchte endlich den Schmetterling in seiner ganzen Schönheit sehen.
Gleichzeitig ist es ein langsamer so natürlicher Prozess.
Habt ihr schonmal einen Schmetterling sich aus seinem Kokon wühlen sehen?
Es ist wunderschön. Von Außen betrachtet zumindest.

Raupe eines Bananenfalters – Foto: Arne Diegmann

Aber wie geht es dem Schmetterling?

Er war mal eine Raupe. Hat gefressen und gefressen und gefressen…
Bis er irgendwann gemerkt hat, das es so nicht weitergeht. Das das doch nicht alles sein kann.
Er beginnt zu denken, zu fühlen und wird ganz ruhig dabei.
Seine Gedanken, Gefühle, all das Alte und auch Schleier von Neuem werden sichtbar, greifbar. Sie legen sich um ihn.
Machen ihn bewegungsunfähig, starr. Das ist nicht schön.
So eng von allem umgeben, unfähig auszuweichen und wegzulaufen.
Die Raupe hat keine Ahnung was das alles werden soll. Wie das enden soll.
Aber eines weiß sie ganz genau…
Es gibt kein Zurück. Niemals nie wird sie wieder die fressende Raupe sein können.

Diese Raupe ist gerade dabei zu sterben und das bedeutet Angst.
Fürchterliche Angst.

Sie beschließt die Augen zu schließen und zu warten.
Augen zu und durch.
Aber dann ist es dunkel, noch dunkler. Das ist erstmal okay.
Mit der Zeit hat sie sich an die Dunkelheit, die Hülle und dieses Gefühl der Enge, des Gefangenseins gewöhnt.

Ab und zu öffnet sie die Augen. Sie erkennt einzelne Fäden ihrer Hülle, schaut sich an woraus sie gewoben wurden und denkt, fühlt darüber nach.
Es tut weh, manchmal sehr weh.
Aber eines verschwindet. Die Angst.
Manchmal da kommt sie noch angeschlichen, getarnt als etwas anderes.
Aber dann öffnet die Raupe ihre Augen, ihr Herz und sieht hin.

Image by GLady from Pixabay 

Die Raupe… sie wartet und wartet, sieht und sieht, fühlt und fühlt.
Sie weiß immer noch nicht was kommen wird, aber sie nimmt es an.
Sie merkt, das sich etwas tut, was aber das weiß sie nicht.
Und dann auf einmal merkt sie es.
Es passiert beinahe unbemerkt. Der feste, enge, undurchsichtige Kokon um sie wird durchscheinender, lockerer.
Luft, Licht, Bewegung… endlich.

Sie ist aufgeregt, aber auch unsicher und skeptisch.
Sie wartet weiter.
Stück für Stück, Faden für Faden, Verstrickung für Verstrickung wird es durchscheinender.
Auch an sich selbst merkt die Raupe eine Veränderung.
Sie fühlt sich so anders. Aber sie kann es nicht beschreiben, sie fühlt es.
Sie fasst sich ein Herz und beginnt selbst die ersten Fäden durchzubeißen.

Sie will sich sehen, sehen, spüren, fühlen was jetzt anders ist.
Es – Sich – sichtbar machen.

Aber da kommt sie wieder die Angst, die Unsicherheit.
Sie war ihr Leben lang eine Raupe, das kennt sie.
Selbst diesen Kokon kennt sie. Alles hier drin. Es mag vielleicht nicht so heiter Sonnenschein sein, aber sie kennt es und es ist sicher.

Foto: Arne Diegmann

Es arbeitet, brodelt, klopft in ihr.
Ihr Körper pumpt sich auf, bläst sich auf, streckt sich.
Er passt nicht mehr in die Hülle, kann sie nicht mehr halten.

Die Raupe ist hin und hergerissen, zerrissen.
Sie will wissen was jetzt kommt, will sich sehen.
Aber sie hat Angst all das Bekannte in ihrer Hülle zurück zu lassen.
Wenn sie da raus geht… Vielleicht ist sie dann ganz allein, in einer fremden Welt…
Findet sich nicht zurecht, findet niemanden zu dem sie gehört, ist traurig und allein.
Vielleicht erkennt sie sich nicht einmal selbst wieder.

Sie schließt die Augen und wartet.
Sie spürt, das sich etwas verändert und als sie das nächste Mal ihre Augen öffnet, schaut sie in ein anderes Paar Augen.
Riesige, wunderschöne Augen, die vor Aufregung, Spannung und Faszination funkeln.
Das was sie da sieht, ist genau das Gegenteil von dem was sie fühlt.
Und plötzlich, wo sie so in diese wartenden Augen schaut, kommen ihr neue Gedanken.

Da draußen wartet jemand auf mich.
Was ist wenn da draußen eine neue Welt wartet?
Vielleicht ist die Welt da draußen aber auch die Gleiche nur ich bin anders und neu?
Vielleicht – wunder – schön?
Vielleicht werde ich die Welt aber auch anders sehen, aus einem neuen Blickwinkel?
Ich merke ich bin keine Raupe mehr. Dann werde ich vielleicht auch nicht mehr sehen wie eine Raupe.
Vielleicht komme ich raus und sehe das nicht nur ich keine Raupe mehr bin.
Vielleicht haben sich andere mit mir verwandelt und warten nur auf mich.

Jemand wartet, etwas wartet, ich warte.

Foto: Arne Diegmann

Das sind der Raupe eindeutig zu viele Vielleichts. Sie will nicht mehr warten, windet sich, beißt Fäden durch, schüttelt und dreht sich.
Weiter, weiter und weiter.
Den Blick auf dieses Paar Augen geheftet, das ihr so viel Neues verheißt und ihr fasziniert entgegenblickt.
Weiter und weiter und weiter lässt die Raupe sich los.

Du bist aus deinen alten Schuhen herausgewachsen und wunderst dich jetzt warum sie drücken.
Ziehe dich zurück, und gib dich dem Wandel hin. Er findet erst in deinem Inneren statt, bevor er sich äußerlich zeigt.

KRAFTTIER-ORAKEL, JEANNE RULAND, S.119
Foto: Arne Diegmann

Potential

Montag, 20.01.20
Eintrag aus meinem Büchlein

Hellblaues, weißes Licht liegt auf meiner Kehle.
Macht mir einen Klos im Hals.
Da will etwas raus.
Ich habe so viel zu sagen, so viel zu fühlen.
So viele Gefühle in mir, die sich ausdrücken wollen, müssen und sollen.
Sonst brennen sie sich durch meine Haut. Das haben sie schon immer getan.

Komm und sprich.
Bringe dich zum Ausdruck.
So wie du bist und nicht so wie es passend oder tough und unnahbar erscheint.
Denn so bist du nicht.
Du fühlst alles und jeden einzelnen.
Dein Herz ist riesig und geht über.

Und doch ist da etwas, das dich klein hält.
Du hälst dich selbst klein.
Aus Angst, Unsicherheit, Ablehnung, Anders sein.
Dabei bin ich nicht anders.

Mein Potential sieht, fühlt, spürt, nimmt alles und jeden wahr.
All die Schönheit.
Es sieht in Allem das Gute.
Spült alles weg und läuft über und über und über.

Es sieht und kennt das Potential, den Wert, den Sinn und die Schönheit dieser Welt.
Es kann das Bild sehen, das aus all diesen wirren Puzzleteilen wird.

Meine Augen sehen nur einen kleinen Ausschnitt.
Mein Herz und meine Seele wollen Alles sehen, versuchen die Ketten zu sprengen, Schichten frei zu legen, Mauern nieder zu reißen um endlich freie Sicht zu haben.

Herz… Seele…
Ihr habt lange gewartet.
Hier bekommt ihr Hammer, Meißel, Abrissbirne und los gehts.

Ich bin dabei.

Mondlicht

Montag, 20.01.2020
Eintrag aus meinem Büchlein

Der Mond nimmt ab.
Eine klare, scharfe, leuchtende Fackel.
Eine klare, immer wissende, währende, fordernd liebende Fackel.

Sei wer du bist.
ich bin hier und sehe, wache, leuchte… jede Nacht. Über alle.
Der Weg ist da. Nachts mit mir.
Tags heller aber auch blendender mit der Sonne.
Beschienen aber auch beschattet, überschüttet vom Leben.
Alles ist beleuchtet und liegt doch im Schatten.
Laut, durcheinander, lebendig, wirr.
Wege mischen sich, Energien spielen, reflektieren, springen, drüber, drunter.
Getrieben vom Licht der Sonne und der Bedeutung das Wir ihm beimessen.

Helligkeit bedeutet Aktion, Dunkelheit Stillstand.

Doch ist das wahr?

Am Tag steht in unserem Inneren oft alles still.
Im Außen geschieht viel, Arbeit, Haushalt, Interaktion, Alltag, Leben.
Aber oft wird dadurch das Licht in unserem Innersten klein gehalten.
So sollte es nicht sein und doch ist es oft so. Auch wenn viele es nicht sehen.

Die Nacht allerdings wird oft gefürchtet, beschnitten durch die Geschäftigkeit des Tages.
Schnell, schnell schlafen damit man am nächsten Tag wieder alles geben kann.

Und Nachts da ist man allein im Dunkeln mit all seinen Schatten, in einem von Rollläden umschlossenen, lichtlosen Raum.
Doch da draußen und auch in uns drinnen, da ist der Mond/die Mondin.

Klar, deutlich.
So voller Gefühl und doch scharf und klar leitend.
Nachts sieht alles anders aus. Das Innere wird nach Außen transportiert.

Die Mondin beleuchtet nur die wirklich wichtigen, offensichtlichsten Dinge.
Und deinen Weg.
Wenn du im Dunkeln liegst oder gehst, berührt sie dein Herz, kitzelt es und zeigt es dir.
Alleine im vermeintlich Dunkeln.
Du, das Mondlicht und dein Weg.
Lasse dich führen, folge und führe.
Sieh und tu endlich.

Hab keine Angst. Ich bin immer hier. Leuchte und Leite.
Beobachtend wie eine Wächterin, eine liebende Mutter.
Lasse jeden seinen Weg finden und gehen, aber verliere ihn nie aus den Augen.


Danke Mondlicht für deine Energie, die so anders ist als das Sonnenlicht.

Weißt du was Freiheit ist? (3/3)

Kapitel 3: Das ist Freiheit?

Frühlingsmorgen, ein kühler Windhauch durchstrich ihre Haare. Sie atmete tief ein.
Es fühlte sich wunderbar an. So musste sich Freiheit anfühlen, dachte sie sich.
Ihre Lungen füllten sich mir der kühlen , klaren Frühlingsluft.
Wie rein sie sich anfühlte, unbenutzt und frisch.
Der Wind hinterließ ein prickelndes Gefühl auf ihrer Haut.
Wie frei er doch war, frei sich ungehindert durch die Welt zu bewegen.
Durch Wälder, Städte und die ganze Welt. Hoch in die höchsten Höhen konnte er sich wagen, aber auch hier auf dieser Wiese war er anwesend und berührte ihre Haut auf diese befreiende Weise.

Zu gerne wäre sie wie der Wind. Frei, unabhängig und schwerelos.
Ein Gefühl von Wehmut und Sehnsucht breitete sich in ihr aus.
Wie gerne wäre sie ein Wind. Unbeständig, rein und an niemanden gebunden. Heute hier, morgen da. Schweben. In die Endlosigkeit. Frei.
Doch sie war kein Wind.

Sie stand an einem Hang, langsam atmend. Ihre Atemluft ließ kleine Wölkchen entstehen, die der Wind mit sich fort trug. Verträumt sah sie ihnen hinterher.
Einfach treiben lassen.
Hinter ihr der Wald, mit seinem verlockendem Duft, vor ihr eine vom Tau glänzende Wiese.
Morgensonne, Frühling. Wind. Freiheit?

Sie genoss den Augenblick und empfand dabei ein seltsames Gefühl. War das Freiheit?
Hier stehen zu können und all dies zu sehen. Nein, das war nicht Freiheit.
Eine Ahnung von Freiheit. Sehnsucht, unendliche Sehnsucht danach.

Eine Träne, glänzend wie der Tau, rollte ihre Wange herunter.
Freiheit. Was will man mehr?
Nur das alles ist nicht von Dauer. Sie wird hier weg gehen müssen.
Nicht ewig kann sie hier stehen und sich dem Anflug von Freiheit hingeben.
Unendliche Sehnsucht stieg in ihr auf. Wehmut. Das Verlangen frei zu sein. Wie der Wind.
Frei.

Sie musste gehen. Aber nicht ohne nochmal das Gefühl von Freiheit gespürt zu haben,
wie es ihren Körper durchströmt, ihre Seele belebt.
Tief einatmen, Augen schließen, ausatmen.
Die kühle, frische Luft fühlte sich so gut und befreiend an.
Dann rannte sie los.
Den Hang hinunter. Der Wind zerzauste ihr Haar, die losen Strähnen flogen ihr ins Gesicht.
Egal, alles egal. Der Tau besprenkelte ihre Beine. Tausende, kleine, kalte Tropfen.
Tausend Berührungen der Freiheit oder Tränen dieser?

Sie lief weiter. Der Wind peitschte ihr entgegen. Die Welt flog an ihr vorbei.
Ihre Kleidung flatterte. Den Hang hinunter, über die Wiese, in den Wald.
Eigentlich konnte sie schon gar nicht mehr, aber sie rannte weiter.
Euphorie überkam sie. Das musste Freiheit sein!
Sie fühlte sich als würde sie schweben. Rennen, weiter und weiter.
Ihre Schritte wurden von Mulch und nassem Gras gedämpft.
Tap, tap, tap. Immer weiter.
Die Sonne strahlte sie an, noch verschleierte leichter Nebel ihre ganze Helligkeit.

Der Untergrund veränderte sich. Die Luft, die sie atmete wurde schwerer.
Das Licht wurde dumpfer, ihre Schritte langsamer. Und langsamer.
Noch einmal schloss sie ihre Augen und seufzte.

Teerwege, Straßenlaternen, Abgas verpestete die Luft.
Sie blieb stehen. Ihre Lunge schmerzte, ihre Beine zitterten. Schwäche.
Es kam ihr vor, als würde etwas Schweres ihren Atem nach unten ziehen. An sich reißen.
Weg von der Freiheit, die sie eben noch empfunden hatte. Weg war der laue Wind.
Hier stand alles still.

Die Stadt schlief noch, alle Rollläden waren zugezogen.
Die Sonne von schweren, grauen Chemiewolken verhangen. Diffuses Licht der Straßenlampen. Grau in Grau. Am liebsten hätte sie sich umgedreht und wäre zurück in den Wald gelaufen.
In die Arme der Freiheit. Dem Wind entgegen und weiter mit ihm um die Wette gelaufen.
Stattdessen der Stillstand der Stadt. Statisch, unbeweglich, starr.

Die Häuser raubten ihr den Blick gen Himmel, versperrten ihr den Blick auf die grünen Wiesen und Wälder. Mauern umgaben sie wie ein Gefängnis, schlossen den Wind aus.
Nahmen sie gefangen, bedrohten sie und ihr letztes Gefühl von Freiheit, das immer noch heftig in ihrem Herzen schlug. Jeder Herzschlag tat weh.
Bam! Freiheit wollte sich nicht von solchen Mauern bezwingen lassen!
Bam! Raus, raus in den Wald!
Bam! Weg von hier!
Bam… Enge… Bam…

Sie ging einen Schritt vorwärts, weiter den Weg entlang, den schon hunderte vor ihr gegangen
waren. Platt getreten, abgenutzt.
Ein letzer heftiger Herzschlag. Freiheit!
Geh! Lauf dem Wind entgegen! Bam!
Eine weitere Träne floh aus ihrem Auge, über ihre Wange und mit einem von niemanden gehörten Geräusch auf den Boden. Diese Sehnsucht schien ihr Herz in tausend Stücke zu zerreißen.
Ihr Herz zu sprengen. Ihre innere Freiheit ausbrechen zu lassen. Ein Wind zu sein. Zu schweben. Frei zu sein.

Sie schluckte, denn sie wusste, all das war nicht so. Niemals würde sie sein können wie der Wind. So frei und unabhängig.

Und sie ging weiter. Den Weg entlang. Trüber Licht begleitete sie.
Dreckige Luft befüllte ihre Lunge.
Einatmen. Ausatmen. Dreck.
Diese Luft löschte den letzen Funken Freiheit in ihr. Mit einem Mal fühlte sie sich leer. Unglaublich leer. Weiter und weiter ging sie.
Langsam erwachte die Stadt wie ein unheilbringendes Monster. Menschen kamen auf die Straße, Autos wurden gestartet. Verschmutzten die Luft, machten sie schwer.
Die Wege füllten sich. Menschen liefen in die unterschiedlichsten Richtungen.
Mit leeren Blicken.
Sie schaute den Menschen hinterher, kein Funke Freiheit ging von ihnen aus.
Pure Resignation. Köpfe zum Boden gewandt. Mechanische Schritte. Müde Herzen.

Würde sie eines Tages auch so sein?
Oder war sie es schon lange?
Waren ihre Augen auch so leer und ausdruckslos?
Ohne Leben, scheinbar tot, dem Schicksal ergeben?
Aber war das im Grunde nicht eigentlich egal?
Wozu zerbrach sie sich nur immer den Kopf darüber?
Die anderen Menschen schienen nicht einen Gedanken an solche Fragen zu verschwenden.

Ein seichter Windzug verfing sich in ihren Haare. Ihr Herz machte einen Satz.
Die Sehnsucht erwachte wieder. Wach geküsst von einem kleinen Hauch Freiheit, der sich durch die Staubwaben der Stadt gekämpft hatte.
Mit einem Mal wurde sie von Hunderten von Erinnerungen nahezu erschlagen.
Sie schloss die Augen.
Wind. Regen. Sonne. Wald. Gras unter ihren nackten Füßen.
Der Anblick der großen Eichen, die sie immer wie zwei alte Menschen, im Wald willkommen hießen. Der Duft von Tau. Das Prickeln der Sonnenstrahlen auf ihrer Haut.
Die Freiheit, die sie durchströmte, erfüllte, vollkommen machte.
Dieses unbändige, unbezwingbare Gefühl.
Freiheit!
Diese Gedanken zauberten ihr ein Lächeln auf die Lippen.

Asphalt. Hochhäuser. Autos. Leuchtreklamen.
Der Geruch von Abgasen und verbrauchtem Leben. Das Kratzen von verschmutzter Luft in ihrer Lunge. Stadt. Mauern.
Das Gefühl der Gefangenschaft. Resignation. Realität.
Wie Schläge prasselten diese Eindrücke auf sie nieder. Sie zuckte zusammen.

In ihrem Kopf herrschte ein Kampf. Freiheit gegen Gefangenschaft. Natur gegen Stadt.
Traum gegen Realität. Vergangenheit gegen Gegenwart. Schöpfung gegen Zerstörung.
Es sah nicht gut aus für die Freiheit.
,,Grau, grau, grau! Tot, tot, tot!“ schrie die Stadt der Freiheit entgegen. Bei jedem Wort zuckte die Freiheit zusammen, wurde kleiner, grauer, schwächer.
Hilflos sah sie zu wie die Freiheit immer weiter und weiter zurückgedrängt wurde.
Die Freiheit, klein, zerschmettert und verzweifelt, floh. Gab der Gefangenschaft nach.
Die Freiheit versteckte sich.
Sie floh in das Herz einer jungen Frau. Vergrub sich ganz tief.

Sie riss die Augen auf, schwer atmend, als habe der Kampf in ihrem Inneren sie erschöpft.
Nun schien es ihr als würde die Stadt triumphieren. Die Motorengeräusche der Autos, Busse und Bahnen schwollen zu lautem Beifall an. Die Tritte der Menschen wurden zu begeisterten Klatschen. Die riesigen Schaufenster blickten sie höhnisch grinsend an.
Sie alle wussten, das die Freiheit den Kampf verloren hatte.

Kein Luftzug rührte sich mehr. Wie versteinert stand sie da. Angewurzelt.
Manche Menschen bedachten sie eines seltsamen, undurchsichtigen Blicks.
Doch die meisten bemerkte die Frau mit den strohblonden Haaren nicht einmal.

Alleine stand sie dort obwohl dutzende Menschen sich mit ihr den gleichen Bürgersteig teilten. Ihre Haare leuchteten im Grau der Stadt hell und trotzig.
Doch ihr Gesicht sprach eine andere Sprache. Die goldgelben Augen zu Boden gerichtet,
rann eine weitere glasklare Träne über ihr Gesicht und fiel auf den Asphalt.

Immer mehr Tropfen gesellten sich dazu und bedeckten den Boden. Es begann zu regnen. Ihre leuchtenden Haare stumpften mit jedem Tropfen verschmutzen Regens, der auf sie traf ,weiter ab. Bald hatte die Stadt sich in ein einziges Grau verwandelt. Ein Grab.

Sie hob ihren Kopf, strich sich die nassen Strähnen aus dem Gesicht und folgte dem Strom der Menschen, die den Regen gar nicht zu bemerken schienen.
Eine dicke graue Schlange bildete sich. Sie bewegte sich unaufhaltsam voran.
Alles was ihr in die Quere kam wurde aufgenommen und sich zu Eigen gemacht, damit die Schlange wachsen und gedeihen konnte.
Ein unheilsames Monstrum, giftig und todbringend, wälzte sich durch Gassen, Straßen, Alleen. Weiter und weiter.

Aber leise und unbemerkt schlummerte die Freiheit im Herzen einer jungen Frau, gut geborgen, geschützt und versteckt, und wartete auf ihre Geburt.

Weißt du was Freiheit ist? (2/3)

Kapitel 2: Weißt du was Freiheit ist?

Alle Menschen streben nach Freiheit. Doch was ist eigentlich Freiheit?
Ein Leben nach eigenen Vorstellungen zu führen? Ohne Einschränkungen?
Zu Tun und zu Lassen was man möchte? Die Freiheit zu wählen?
Die Freiheit eigene Entscheidungen treffen zu dürfen?
Die Freiheit zu sein, wie man ist?

Bedeutet das Freiheit?

Was für ein Gefühl ist Freiheit?
Was löst es in uns aus?
Weite, Unabhängigkeit, Glück?
Oder Verloren sein, Haltlosigkeit, Leere?

Das kann nur jeder für sich selbst entscheiden.
Freiheit ist Segen und Fluch zugleich. Glück und Unglück.
Eines ist es auf jeden Fall: nicht von Dauer.
Freiheit ist nichts auf dem man sich ausruhen kann, nichts das man sorglos genießen kann. Ständig ist die Freiheit bedroht. Freiheit ist etwas für das man kämpfen muss.
Es kostet Kraft und es scheint ein endloser Kampf.
Gegen die Gefangenheit, den Alltag, die Routine, Beschränkungen, Gesetze und Regeln.
Ein Kampf gegen die Freiheit anderer Menschen, gegen Gier, Habsucht, Egoismus, gegen Alles, was der Natur des Menschen Eigen ist.

Bedeutet Freiheit Egoismus?

All diese Fragen sind schwer zu beantworten. Es gibt unendlich viele Arten von Freiheit, unendlich viele Weisen diese zu erreichen, unendlich viele Möglichkeiten für diese zu kämpfen.
Der Kampf um Freiheit, der wohl wichtigste und schwierigste im Leben eines Menschen.
So viele Menschen haben ihn aufgegeben, sind vor der unüberwindbar scheinenden Hürde der Vorbestimmtheit zusammengesunken, haben sich von der heuchlerischen Routine einwickeln lassen, haben sich ihrem Schicksal ergeben, als wäre dies eine Entschuldigung für ihre Nachgiebigkeit, ihren verlorenen Kampf um die Freiheit.

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